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GRANDE DAS HOCHSTAMM SUISSE JUBILÄUMSMAGAZIN | Nr. 11 | November 2025 Vielfalt erhalten – Genuss erleben – Zukunft gestalten Leidenschaft trägt Früchte 25 Jahre Wir feiern:taten-statt-worte.ch «Papi, wie geht das mit den Bienen und Blumen?» Damit wir eine Antwort haben, setzen wir uns für die Biodiversität ein und sind seit 2008 Partner von Hochstamm Suisse. Der Verein setzt sich für den Erhalt und die Förderung von Hochstamm- bäumen ein. Wir gratulieren Hochstamm Suisse herzlich zum 25-jährigen Bestehen!EDITORIAL Liebe Hochstamm-Freundin, lieber Hochstamm-Freund 25 Jahre Hochstamm Suisse – ein Grund zu feiern? Ja. Und ein Grund, weiterzukämpfen! Was 1999 als kleine Initiative für eine grosse Idee begann, ist heute eine Organisation mit Qualitätslabel, Netzwerk und Wirkungskraft. Und doch: Der Hochstammanbau bleibt eine Herausforderung. Anspruchs- voll, arbeitsintensiv, wetterabhängig. Die Klimakrise, neue Schädlinge und der Druck auf die Preise stellen unsere Produzent:innen jedes Jahr aufs Neue auf die Probe. Gleichzeitig ist ihre Bedeutung grösser denn je. Hochstammbäume sind nicht nur Symbol einer traditionellen Kul- turlandschaft: Sie sind Rückzugsort für seltene Tiere, Speicher für CO2, Schattenspender und Bindeglied zwischen Landwirtschaft, Biodiversi- tät und Genuss. Wer einen Hochstammbaum pflanzt, denkt nicht in Erntezyklen, son- dern in Generationen. Wer ihn pflegt, investiert in die Zukunft. Und wer seine Früchte erntet, tut das nur, wenn es sich lohnt – ökologisch und wirtschaftlich. Wer also auf das Label «Hochstamm Suisse» ach- tet, entscheidet mit über den Wert, den wir dieser Kulturlandschaft beimessen. Jedes Jahr landen erntefrische Hochstammfrüchte in der Verarbeitung – von saftigen Kirschen in Dutzenden Tonnen bis zu Mostobst, das in Millionen Litern Apfelsaft endet. Heute tragen über 200 regionale und nationale Produkte das «Hochstamm Suisse»-Label. Rund 1’500 Produzent:innen sind Teil von Hochstamm Suisse. Dies entspricht rund einem Viertel des Schweizer Hochstammbestands. Über unser Förderprogramm werden bedürfnisorientiert neue Bäume gepflanzt. Doch wir wissen: Das reicht nicht. Noch immer fehlt vielerorts das Be- wusstsein, dass Hochstammbäume mehr sind als romantisches Land- schaftsdekor – sie sind ein Versprechen an die Zukunft. Unsere Ursprungsmission gilt heute wie vor 25 Jahren: Erhalt und För- derung der Hochstammbäume über einen marktorientierten Ansatz. Denn nur wenn ihre Früchte gekauft werden, können diese Bäume auch künftig blühen und tragen. Hochstamm Suisse bleibt auch künftig eine Stimme für jene, die oft überhört werden: Für Gartenrotschwanz, Steinkauz und Fledermaus. Für die Sortenvielfalt. Für die Menschen, die sich – trotz Mehraufwand – mit Herzblut für eine zukunftsfähige Hochstammbewirtschaftung und einzigartiges Obst einsetzen. Dafür danken wir allen. Christine Badertscher Co-Präsidentin von Hochstamm Suisse Gründung und Geschichte Rückblick und Ausblick Interview Persönlichkeiten Stimmen Aus dem Hochstammgarten Tradition Hans Oppikofer Innovation swiss nuss Kolumne Geniessen erlaubt! Rezepte Genuss pur Schlusswort Eine Wertschöpfungskette mit Leidenschaft 04 06 09 10 11 12 13 14 Impressum Das Magazin GRANDE für Mitglieder, Gönner:innen und Spender:innen von Hochstamm Suisse erscheint 1–2 mal jährlich. Herausgeber Hochstamm Suisse, Dornacherstrasse 192, 4053 Basel Redaktion Pierre Coulin Texte Tom Wiederkehr, Nathalie Straub Fotos Lena Wiesli (Diktum), Hochstamm Suisse Gestaltung Hochstamm Suisse Druck bc medien ag, Münchenstein Auflage 3’000 Expl. INHALT CHRISTINE BADERTSCHER CO-PRÄSIDENTIN VON HOCHSTAMM SUISSE UND NATIONALRÄTIN BE GRANDE Nr. 11 | 2025 3D e r S ü n d e n f a l l u n d d i e V ertrei bu n g a u s d e m P a r a d i e s . 1970er Es war das «Europäische Jahr des Naturschutzes» – und dennoch forderte die Eidge- nössische Alkoholverwaltung die rasche Vernichtung der Hälfte des noch vorhandenen Obstbaumbestandes: Um dies zu erreichen, mussten rund zwei Millionen Apfelbäu- me und rund 500 000 Birn- bäume weggeräumt werden. Anfang der 1970er-Jahre be- schloss der Bundesrat auf Vor- schlag der Alkoholverwaltung, die Verminderung des Feld- obstbaumbestandes mit zu- sätzlichen Beiträgen nochmals zu beschleunigen. GRÜNDUNG UND GESCHICHTE Hochstamm – ein Spiegel der Gesellschaft 4000 BC Die Geschichte des Obst- baums beginnt in der Mytho- logie: Eva reicht Adam die verbotene Frucht. Der Baum wird seither zum Symbol für Versuchung, Erkenntnis – und Strafe. Der «Zankapfel» zieht sich als Bild bis in die reale Obstbaugeschichte hinein. Vom biblischen Apfel bis zu den Fällprämien – die Ge- schichte der Hochstammbäume kennt Höhen und Tie- fen. Heute aber schlagen sie wieder Wurzeln: als Sym- bol für Biodiversität, Genuss und Zukunft. Mittelalterlicher Klostergarten 19. Jahrhundert Mit der Eisenbahn wird Obst erstmals rasch und weit transpor- tierbar. Baselbiet und Aargau erleben ein «Kirschenzeitalter»: Hochstammbäume prägen die Jurahochflächen, ihre Ernten werden an Baumganten versteigert. Obst wandelt sich vom bäuerlichen Vorrat zur Handelsware. Lokomotiven der Spanisch Brötli Bahn. 1932 Der Einschnitt in der Ge- schichte des Schweizer Obst- baus liegt in den 1930er-Jah- ren. Im Jahr 1932 trat das neue Alkoholgesetz in Kraft, zuvor von der Stimmbevölkerung angenommen. Es schuf die rechtlichen Rahmenbedin- gungen für die fiskalische und kommerzielle Regulie- rung gebrannter Alkoholika. T h u r g a u e r Sä g e t r u p p e * *(Bild Privatbesitz Walter Luginbühl Junior) 4 GRANDE Nr. 11 | 2025 1200 AD Nach dem Niedergang antiker Obstgärten bewahren Klöster das Wissen um Sorten und Pflege. Sie pflanzen Kloster- apfel oder Karmeliterbirne, oft mit Blick auf ein paradie- sisches Jenseits. Später ent- deckt auch der Adel die Früch- te: Kirschen, Zwetschgen und Pfirsiche werden zu Delika- tessen. Gleichzeitig schützen harte Gesetze die wertvollen Bäume – Verstösse konnten mit Augen- oder Handverlust bestraft werden. Arisdorf, 1941 Arisdorf, 1999D e r S ü n d e n f a l l u n d d i e V ertrei bu n g a u s d e m P a r a d i e s . T h u r g a u e r Sä g e t r u p p e * 1990er Der Rückgang der Hochstammbäume setzt sich rasant fort. Der Obstbau verlagert sich in Niederstammanlagen mit höheren Erträgen und einfacher Bewirtschaftung. Naturschutz, Land- wirtschaft und Verarbeitung suchen nach Wegen, die Bäume in der Kulturlandschaft zu bewahren. Start der Partnerschaft mit Coop: zunächst ein Apfelsaft, bald zahlreiche weitere Produkte – von Säften über Konfitüren bis zu Nüssen. Der Vertrag mit dem Coop Fonds für Nachhaltigkeit verleiht dem Label Schub. Inzwischen zählt Hochstamm Suisse rund 200 Produzenten mit 35’000 Bäumen – die Bewegung gewinnt sichtbar an Fahrt. Damit erreicht Hochstamm Suisse erstmals den Detailhandel – und eine breite Öffentlichkeit. Gründung von Hochstamm Suisse in Olten. Vertreter von Naturschutz, Obstverband, Vo- gelwarte und Verarbeitern ver- abschieden gemeinsam das erste Argumentarium zu Bio- diversität, Kulturlandschaft, Tradition und Wertschöpfung. Damit wird die Vision einer starken, unabhängigen Orga- nisation offiziell. 2017/18 Die Kirschessigfliege sorgt für massive Ernteverluste, vor allem bei Kirschen und Zwetschgen. Diskussionen zu Sortenwahl und Bekämpfung prägen das Jahr. Parallel entstehen neue Produkt- ideen, auch im Bio- und Demeter-Segment. 2018 gelingt mit dem ersten Tessiner Kastanienprodukt der Einstieg in ein neues Segment – drei Jahre später folgt mit dem Marroni-Joghurt eine weitere beliebte Innovation. 2025 plus 25 Jahre Hochstamm Suisse: Über 1’500 Mitglieder, rund 70 Lizenznehmer, hunderte Produkte und 400 Gönner:innen tra- gen das Gütesiegel. Das myclimate-Neupflanzungsprogramm entwickelt sich sehr erfolgreich – bis Ende 2025 werden rund 12’000 neue Hochstammbäume gepflanzt. Mit AXA wurden 40 Hektaren Biodiversitätsflächen aufgewertet. Insgesamt stehen heute rund 250’000 Hochstammbäume unter Vertrag. Das Ju- biläum ist eine Erfolgsgeschichte von Produzenten, Handel und Naturschutz. So führt der gemeinsame Weg weiter – Schritt für Schritt und Baum für Baum. 2022 Start des myclimate-Förder- programms für Hochstamm- bäume. Ursprüngliches Ziel: 3’000 Bäume bis 2025 – ein weiterer Meilenstein für Bio- diversität und Klimaschutz. Das Programm zeigt ein- drücklich, wie Hochstamm- bäume Biodiversität fördern und gleichzeitig CO2 binden. GRANDE Nr. 11 | 2025 5 2010 Die Zusammenarbeit mit Coop wird gefestigt und das Ange- bot an Hochstamm-Produkten erweitert.In dieser Phase wird die Umstellung aller Coop- Eigenmarken-Säfte und wei- terer Leaderprodukte konkret geplant – ein entscheidender Schritt in die Breite. 1997 Start des OBI-Pilotprojekts mit Hochstamm-Produkten. Drei Jahre lang werden Säfte getestet und Erfahrungen ge- sammelt. Daraus entwickeln sich die ersten Strukturen für eine eigenständige Labelträ- gerschaft – der Grundstein für Hochstamm Suisse. Hochstamm Obstsaft rettet Bäume. 2008 2000: Gründung Hochstamm Suisse 2008: Start Partnerschaft Coop 2022: Start myclimate- Förderprogramm 2025: 25 Jahre Hochstamm Suisse 2000 Tessiner Kastanien – vom einstigen Grundnahrungsmittel zur heutigen Delikatesse.INTERVIEW Wo Zukunft Früchte trägt Beat Jans, Sie waren 2000 Mitgründer von Hochstamm Suisse – wie kam es dazu und woran erinnern Sie sich besonders? Beat Jans: Ich erinnere mich an die vielen Sitzungen, zum Beispiel mit unserem Grafiker bei Pro Natura. Wir haben uns damals den Kopf darüber zerbrochen, wie das Logo für das neue Label aussehen könnte. Der Baum mit dem Vogel als Stamm hat sich bis heute gehalten. Es steckt viel Arbeit im Aufbau eines neuen Labels. Aber diese Arbeit hat sich gelohnt, wenn ich sehe, wie stark das Sortiment in den letzten 25 Jahren gewachsen ist. Hochstamm Suisse leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt und zum Landschaftsschutz in der Schweiz. Was verbinden Sie persönlich mit dem Hochstammbaum? Gibt es vielleicht sogar Kindheitserinnerungen in diesem Zu- sammenhang? Beat Jans: Ich bin in einer Kirschen-Region aufgewachsen. Ich habe nie vergessen, wie wir auf Bäume geklettert sind, um Kirschen zu stehlen. Es hiess dann einfach, schneller zu ren- nen als der Bauer und sein Hund. Als Justizminister muss ich mein Verhalten von damals natürlich verurteilen (lacht). Als Bauernlehrling habe ich zum Baumschnitt und zur Ernte viele Wochen auf den Bäumen verbracht. Man war nie allein, wir ha- ben viel geplaudert, während wir auf die Bäume gestiegen sind und wieder hinunter. Und natürlich haben wir dabei auch jede Menge Kirschen gegessen. Maya Graf: Hochstammbäume bedeuten für mich Heimat. Ich bin sozusagen unter Hochstamm-Kirsch- und -Zwetschgen- bäumen im Baselbiet aufgewachsen. Noch heute pflegen und ernten wir auf unserem Bio-Bauernhof über 200 Hochstamm- ostbäume. Sie liefern nicht nur wunderbare Früchte, sie prägen die Kulturlandschaft, tragen zur Sortenvielfalt bei, sind Lebens- raum unzähliger Tier- und Pflanzenarten und helfen unser Kli- ma zu schützen. Philipp Wyss: Da blende ich zurück in meine Kindheit, als ich als kleiner Junge geholfen habe, Kirschen und Äpfel aus den Vor 25 Jahren war Hochstamm Suisse eine Vision. Heute steht das Gü- tesiegel für Biodiversität, Nachhaltigkeit und regionale Identität. Beat Jans, Maya Graf, Philipp Wyss und Markus Ritter blicken zurück – und nach vorn. Ein Gespräch über Biodiversität, Preise und warum Hoch- stammbäume mehr sind als Obstlieferanten. «Wir haben uns damals den Kopf darüber zer- brochen, wie das Logo aussehen könnte. Der Baum mit dem Vogel als Stamm hat sich bis heute gehalten – das macht mich stolz.» Beat Jans, Bundesrat 6 GRANDE Nr. 11 | 2025GRANDE Nr. 11 | 2025 7 Hochstammbäumen zu pflücken. Sie stehen für mich deshalb für Heimat, ausserordentliche Produkte und echte Nachhaltig- keit. Mir ist es ein Anliegen, diese Werte zu bewahren und sie auch unseren Kund:innen näherzubringen. Markus Ritter: Hochstammobstbäume gehörten schon im- mer zu unserem Betrieb und zur Produktion. Ich hatte immer Freude an den schönen grossen Bäumen, die uns nicht nur Früchte bringen, sondern im Frühling auch den Nektar und den Pollen für unsere Bienen. Zudem beobachtete ich immer mit gros- sem Interesse die Vögel und die Insekten, für die die Hochstamm- obstbäume ein wichtiger Teil des Lebensraumes sind. Als ausgebildeter Landwirt wissen Sie, warum Hochstamm- bäume in der Landwirtschaft einen schweren Stand haben. Wie kann man dem entgegenwirken? Beat Jans: Es braucht eine Gesellschaft, die die Schönheit die- ser Bäume und ihren Wert für die Natur erkennt und bereit ist, die Arbeit der Bauern zu honorieren. Dafür braucht es staatliche Di- rektzahlungen, aber es braucht auch einen Beitrag der Konsumen- tinnen und Konsumenten. Sie müssen bereit sein, etwas für den Extraaufwand der Bäuerinnen und Bauern zu bezahlen. Was würden Sie jemandem sagen, der noch nie ein Hochstamm- Produkt probiert hat? Beat Jans: Hochstammbäume sind nicht nur nützlich aus öko- logischer Sicht. Eine Landschaft mit Hochstammbäumen ist ein- fach auch etwas Schönes. Vor 100 Jahren gab es davon noch rund 15 Millionen in der Schweiz, heute sind es weniger als drei Millionen. Die müssen wir bewahren können. Hochstammbäume stehen für Nachhaltigkeit und Tradition. Wie spiegeln diese Werte Ihre eigene politische Arbeit wider? Beat Jans: Als junger Mann habe ich in der Entwicklungszu- sammenarbeit in Paraguay gearbeitet. Dort habe ich die katast- rophalen Folgen gesehen, die die Abholzung des Regenwaldes für «Das Potenzial ist riesig – aber die Pflege ist aufwendig. Nur wenn der Markt funktioniert, bleibt der Hochstamm auch wirtschaftlich am Leben.» Markus Ritter, Nationalrat SG & Präsident SBV die Menschen und ihre Umwelt mit sich bringt. Es waren die- se Eindrücke, die den Entschluss in mir reifen liessen, Umwelt- naturwissenschaften zu studieren. Seither ist Nachhaltigkeit ein zentrales Motiv meiner gesamten politischen Arbeit. Das ist durchaus auch traditionell: Unsere Vorfahren mussten nachhal- tig produzieren, sie hatten gar keine Wahl, wenn sie überleben wollten. Wir haben eigentlich auch keine Wahl, wir haben es nur noch nicht begriffen. Was braucht es, damit Hochstammbäume auch in 25 Jahren noch zur Schweizer Landschaft gehören? Beat Jans: Es braucht das Engagement von Hochstamm Suisse und der Umweltorganisationen. Sinnvoll finde ich zum Beispiel auch Baum-Patenschaften, bei denen man einen Baum pflegt und unterhält. Oder Ferien und Schule auf dem Bauern- hof. So können auch die Kinder aus städtischen Familien die Schönheit der Natur erfahren und erleben, wie viel Arbeit und Herzblut in unserer Landwirtschaft steckt. Maya Graf: Gute und verlässliche Rahmenbedingungen und Sensibilisierung sind das Wichtigste. Dafür sorgt zum Glück Hochstamm Suisse seit 25 Jahren mit der gemeinsamen Verant- wortung von Produzent:innen, Verarbeitung, Handel und Konsu- ment:innen. Dazu möchte ich von Herzen gratulieren und allen Danke sagen! Damit Hochstammobstbäume weiterhin gepflegt und geerntet werden, braucht es vor allem auch faire Preise. Die Produktion ist aufwendig, sie muss sich wirtschaftlich lohnen. Daher braucht es mehr Direktzahlungen, Unterstützung für die Verarbeitung und Förderung der Direktvermarktung. Philipp Wyss: Entscheidend ist, dass alle den Wert die- ser Bäume erkennen, für Natur, Landschaft und Gesellschaft. Dafür braucht es die volle Unterstützung für die Landwirtschaft – sei es über die Politik oder über den Absatz von Hochstamm- Produkten. Bei Coop setzen wir uns seit Jahren für den Verkauf von Produkten aus und von Hochstammbäumen ein. «Ich bin unter Hochstamm-Kirsch- und -Zwetschgenbäumen aufgewachsen. Sie bedeu- ten für mich Heimat – und Verantwortung für die Landschaft, die uns prägt.» Maya Graf, Ständerätin BL8 GRANDE Nr. 11 | 2025 «Hochstammbäume stehen für Heimat, ausser- ordentliche Produkte und echte Nachhaltigkeit – Werte, die wir bei Coop mittragen und sicht- bar machen wollen.» Philipp Wyss, CEO Coop Schweiz Markus Ritter: Das Wichtigste ist, dass wir die Früchte der Bäu- me zu kostendeckenden Preisen verkaufen können. Am Schluss entscheiden die Konsumentinnen mit ihren Einkäufen über die Zukunft der Hochstammobstbäume. Ergänzend dazu sind auch die Direktzahlungen für die Bäume und damit die Wertschätzung für die Pflege von Bedeutung. Welche Rolle können Hochstammbäume künftig für Biodiversi- tät, Ernährung und Klimaschutz spielen? Beat Jans: Biodiversität, Ernährung und Klimaschutz sind drei gute Gründe, sich für die Förderung von Hochstammbäumen ein- zusetzen. Diese leisten einen Beitrag zu all diesen grossen Heraus- forderungen. Maya Graf: Hochstammbäume sind Teil einer zukunftsge- richteten nachhaltigen Landwirtschaft, die Umwelt, Ernährung und Kulturlandschaft verbindet. Hochstammbäume schützen unsere Böden vor dem Austrocknen, binden CO2, bieten Schat- ten, sind Lebensraum vieler Arten und helfen mit, die Sorten- vielfalt zu erhalten. Philipp Wyss: Sie sind Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, liefern regionale Lebensmittel und helfen dem Klima. Die Bäume sichern nicht nur alte Obstsorten, sondern sind auch wichtig für eine nachhaltige Zukunft der Schweiz. Attraktive Produkte können dieses Bewusstsein bei den Menschen fördern. Markus Ritter: Das Potenzial ist gross. Die Hochstammobst- bäume geben aber Arbeit in der Pflege und die Bewirtschaf- tung der Flächen im Unternutzen ist aufwendig. Deshalb ist der Markterfolg mit den Produkten die Basis für die Zukunft. Wer ist der wichtigste «Player», wenn es um die Förderung von Hochstammbäumen geht? Die Politik, die Landwirt- schaft, der Detailhandel oder die Kundinnen und Kunden? Beat Jans: Es braucht die Bauern, die bereit sind, den Zusatz- aufwand zu betreiben. Es braucht die Konsumenten, die dieses Engagement honorieren. Und es braucht den Detailhandel und Organisationen wie Hochstamm Suisse, die eine Brücke zwi- schen Produzenten und Konsumenten schlagen. Welches Hochstamm-Produkt würden Sie als Ihr Lieblings- produkt bezeichnen? Beat Jans: Mein Vater stammt aus dem Seetal, ein Teil mei- ner Familie hat immer noch einen Hof im Seetal. Manchmal bekomme ich Seetaler Apfelringe geschenkt, die mag ich be- sonders. Ein perfekter Snack, wenn man als Bundesrat einen Energieschub braucht. Maya Graf: Die ersten Kirschen frisch vom Baum gepflückt sind für mich das Paradies auf Erden. Philipp Wyss: Im Herbst geniesse ich besonders gerne un- ser Coop Marroni-Joghurt mit Hochstamm-Marroni aus dem Tessin. Markus Ritter: Der Apfelschorle im Bundeshaus löscht mei- nen Durst und weckt meine Lebensgeister. Vier Persönlichkeiten, vier Hochstamm-Lieblingsproduk- te: Beat Jans schwört auf Seetaler Apfelringe, Maya Graf auf frisch gepflückte Kirschen vom Baum, Philipp Wyss auf das Coop Marroni-Joghurt – und Markus Ritter auf den Apfel- schorle im Bundeshaus.GRANDE Nr. 11 | 2025 9 Stimmen aus dem Hochstammgarten Wir schätzen die hochwertige Streuobst- landschaft mit Hochstammbäumen, die seit weit über 100 Jahren unsere Land- schaft reichhaltig und attraktiv macht. Viele dieser Bäume stehen noch heute. Die Landwirtschaftsbetriebe, die noch Hochstämmer bewirtschaften, finden aber kaum mehr Absatz für ihre Früchte. Das POSAMENTER-PROJEKT entwickelt und produziert seit 20 Jahren spannende Produkte aus Hochstammfrüchten und wirkt so aktiv gegen Foodwaste und für eine nachhaltige Zukunft der Biodiversi- tät im Agrarraum. Es werden auch wieder junge Hochstammbäume gepflanzt, und das Projekt mit seiner Leidenschaft für die Hochstammbäume kann stetig wachsen. | posamenter.ch - Dora Meier und Bettina Aeberli, Posamenter GmbH und Vreni Wüthrich, Landwirtin Hochstammbäume sind ein Geschenk: Sie prägen unsere Landschaft, fördern die Bio- diversität und ihr Mostobst macht unsere RAMSEIER Produkte einzigartig. Beim Be- such der Hochstammmostobst-Produzen- ten spüre ich diese Kraft und habe sofort Lust auf einen RAMSEIER Hochstämmer. Die enge Zusammenarbeit mit den Most- obstbauern und -bäuerinnen und Hoch- stamm Suisse erfüllt uns mit Stolz, weil wir gemeinsam einen echten Mehrwert schaf- fen. So tragen wir dazu bei, dass die Hoch- stammobstbaumkultur auch in Zukunft lebendig bleibt – für Natur, Menschen und echten Genuss. | ramseier.ch - Christoph Richli, Geschäftsführer RAMSEIER Suisse AG Hochstammbäume sind für uns ein Stück Kulturgut, denn sie gehören zu unserer Landschaft und unserer Identität. Sie bieten Lebensraum für so viele Tiere und Insekten und schenken uns gleichzeitig wunderbare, aromatische Früchte. Aller- dings gibt es ohne Absatz keine Zukunft für diese wertvolle Kultur – darum ist es unsere Motivation, die Ware der Produzen- ten anzunehmen und so den eigentlichen Zweck dieser Bäume, nämlich die Produk- tion, zu erhalten. Wir sehen die Freude und den Stolz der Produzenten, wenn sie ihre Früchte abliefern, und diese Leidenschaft möchten wir unterstützen. Die Schönheit und Kraft dieser alten Bäume faszinieren uns immer wieder. - Edith Brunner und Martin Kämpf, Ge- schäftsführung Brunner Landesprodukte AG Das Sammeln der Kastanien unter den Hochstammbäumen ist eine Tätigkeit, die ich seit meiner Kindheit mit Freude aus- übe. Ich bin gerne draussen in der Natur und schätze die Arbeit eingebettet in gepflegte Selven und eine eindrückliche Landschaft. Es ist mir ein Anliegen, diese vielseitige Frucht aufzuwerten, die Tradi- tion der Verarbeitung zu bewahren und sie weiterzutragen. - Manuela Filli, Präsidentin Associazione castanicoltori Bregaglia Bäume kann man nicht genug haben. Sie geben unserer Landschaft ein Gesicht und beruhigen unsere Seele. Oft geht die ästhetische und raumbildende Wirkung von Obstbäumen auf das Landschaftsbild ver- gessen. Bäume haben eine starke Wirkung auf das Landschaftsbild. Sie geben einem Ort eine Struktur und ein unverwechselbares Gesicht. Als Einzelobjekte prägen stattliche Bäume viele Landschaften. Obstbäume sind ein Kulturgut. Obstgärten werden gerne in der Freizeit aufgesucht und haben eine grosse Bedeutung als Erholungsraum. Die Attraktivität ist besonders hoch während der Obstblüte im Frühjahr und dem Gesang von Vögeln. Ob weisse Blütenpracht im Frühling, kühlender Schatten im Sommer, fruchtiger Duft im Herbst oder Winterpracht – das Streuobstparadies ist zu jeder Jahreszeit ein Erlebnis! - Urs Amrhein, Produzent und Geschäfts- führer Hochstamm Seetal Ich habe mich bereits an zwei Projekten von Hochstamm Suisse beteiligt. Zu einem an der Pflanzaktion, wo ich einen Beitrag von Fr. 105 pro gesetztem Hochstammobst- baum erhalten habe, und zum anderen an einem Biodiversitätsförderprojekt, in dem wir 3ha meines Hochstammobstgartens erfolgreich aufwerten konnten. Wir sind zurzeit unsere Anlagen am Verjüngen, weshalb wir in den nächsten 4 Jahren total 400 Neupflanzungen vornehmen werden. Das Biodiversitätsförderprojekt hat zum Hauptziel, das Hermelin in der Hoch- stammobstanlage anzusiedeln, wir haben zahlreiche Strukturen geschaffen wie Asthaufen, Hecken und Steinhaufen mit Brutkammern, um dem Hermelin einen ge- schützten Lebensraum bieten zu können. Hochstamm Suisse hat mich in dem Projekt stets begleitet und unterstützt und stellte mir auch zahlreiche Kontakte für die Vermarktung zur Verfügung. Der Hochstammobstbau ist die tragende Säule meines Betriebes, in dem wir mit der Natur zusammenarbeiten und nicht gegen sie. - Michael Hofmann, Obstproduzent aus Zürich Wir bewirtschaften einen Grossteil unserer Walnussbäume als Hochstämmer, da diese gerne Licht und Luft haben, um eine schöne Nuss reifen zu lassen. Auch mit den passenden Sorten und genügend Platz bietet der Hochstammbaum vielen Lebe- wesen und den Pflanzen im Unternutzen eine kleine Biosphäre, die Freude macht und wenig Pflanzenschutz benötigt. Wir sind bei Hochstamm Suisse dabei, da es eine gute Sache für den Erhalt von Hoch- stammobstgärten ist. Und die Programme zur Unterstützung von neuen Pflanzungen sehr interessant sind. Für mich ist der Hochstammbaum ein Symbol, welches die Landschaft prägt und bei uns im Berner Seeland eine Abwechslung bietet. Nach der Pflanzung bekamen wir oft zu hören «Auf dieser Fläche könnte man doch Kartoffeln und so viel mehr anpflanzen», nach ein paar Jahren kam dann der Ertrag und die kritischen Stimmen sind ver- stummt. - Urs Schaller, Nussproduzent aus dem SeelandNext >